„LEONCE UND LENA“

 

von GEORG BÜCHNER

gespielt von InsassInnen der Justizanstalt Wiener Neustadt:

 

KÖNIG PETER vom Reiche Popo (Michael)

PRINZ LEONCE, sein Sohn (Christian)

PRINZESSIN LENA vom Reiche Pipi (Margot)

VALERIO (Christian)

DIE GOUVERNANTE (Eveline)

DER HAUSHOFMEISTER (Günter)

DER PRÄSIDENT DES STAATSRATS (Walter)

ROSETTA (Doris)

Alle weiteren Rollen werden vom „Haushofmeister“ übernommen.

 

Regie- und Produktionsassistenz: Christina GLINZ 

Regie: Manfred MICHALKE

 

Gefördert von der MA-7 und dem BMUKK.

Mit dankenswerter Unterstützung von:

Art for Art, Vereinigte Bühnen Wiens, Rechtsanwalts-Kanzlei Lehner & Lehner,

Kulturelles Stadtlabor PALAIS KABELWERK

 

!!! Der Reinerlös dieser Produktion kommt den DarstellerInnen als Starthilfe zu Gute !!!   

 

PREMIERE: 21. Dezember 2010      

Weitere Vorstellungen: 22., 23. Dezember 2010

19., 20., 21., 22. Jänner 2011

(Beginn: 19.30 Uhr)

PALAIS KABELWERK

http://www.palaiskabelwerk.at

A- 1120 Wien; Oswaldgasse 35A

ZUR PRODUKTION:

 

LEONCE UND LENA von Georg Büchner

ist die Weiterführung der Theaterarbeit, welche mit der Produktion: “Gerettet“ v. Edward Bond in der Jugendanstalt Gerasdorf 2008/2009 begonnen hat.

 

Im Untersuchungsgefängnis in Wiener Neustadt bildete sich das Folgeensemble

unter der Mitwirkung von einer Darstellerin und einem Darsteller, die schon in „Gerettet“ Hauptrollen übernommen hatten.

Diese kontinuierliche Arbeitsweise ermöglicht ein hohes Maß an Qualität der

Rollengestaltung und somit der Bühnenpräsenz.

Ein wesentlicher Faktor ist ebenfalls die Dauer der Beschäftigung von Inhaftierten,

da dieser Einsatz ein intensives Interesse und persönliches Engagement erfordert.

 

Theaterarbeit und künstlerische Auseinandersetzung sowohl mit dem Inhalt des Werkes,

als auch den bühnentechnischen Mitteln, verlangen höchste konzentrierte Zusammenarbeit.

Die Rückgewinnung des Selbstwertgefühls und damit verbundenes Sozialempfinden

ist nur ein Beispiel für die Bedeutung dieser Tätigkeit.

 

Ohne Teamleistung kann kein Projekt realisiert werden. Die Probentätigkeit über

einen langen Zeitraum hinweg umfasst also ein sehr komplexes Aufgabengebiet,

welches bewältigt werden muss.

 

Jede Aussage des Autors eines Bühnenstückes wird durch die vielschichtigen

Erfahrungen der Mitwirkenden entsprechend transportiert und verstärkt.

Früher „Außenseiter“, heute „Randgruppen“ sind eine wesentliche Ergänzung

im professionellen Kulturschaffen und müssen daher ihren Platz in der Öffentlichkeit behaupten.

 

Manfred Michalke

 

 

 

ZUM STÜCK:

Leonce und Lena ist eine Komödie vor (1813 bis 1837), die nicht als unverbindliches Lustspiel, sondern als eine unter dem Deckmantel harmloser Fröhlichkeit versteckte Polit-Satire verstanden werden sollte. Sie wurde im Frühjahr 1836 für einen Wettbewerb der Cotta’schen Verlagsbg geschrieben. Büchner verpasste allerdings den Einsendeschluss und erhielt das Werk ungelesen zurück. Uraufgeführt wurde es fast 60 Jahre später, am 31. Mai 1895, in einer Freilichtaufführung des Münchner Theatervereins Intimes Theater unter der Regie vonn und unter Mitwirkung von Max Halba – was ein Licht auf die (sich ja auch in seinen anderen Werken offenbarende) Modernität Büchners wirft, dessen literarische Weltgeltung erst im 20. Jahrhundert erkannt wurde.

Erich Kästner zählte Leonce und Lena zu den sechs wichtigsten klassischen Komödien deutscher Sprache.

 

INHALT:

Der melancholische, traumversunkene Prinz Leonce vom Königreiche Popo (in seiner territorialen Winzigkeit und intellektuellen Borniertheit eine Persiflage auf die deutschen Kleinstaaten) wird vor die vollendete Tatsache gestellt, dass er die ihm völlig unbekannte Prinzessin Lena vom Königreiche Pipi heiraten soll. Nicht gewillt, den Bund einzugehen, flüchtet er mit dem arbeitsscheuen Bonvivant Valerio nach Italien.

In der Zwischenzeit beruft König Peter, ein scheinbar aufgeklärter, in Wahrheit jedoch völlig geistlosert, eine Staatsratsversammlung ein, um vor dieser Zeugnis seiner grenzenlosen Realitätsferne und geistigen Verwirrtheit abzulegen und um seinen Entschluss, dass sein Sohn nämlich heiraten solle, bekanntzumachen.

Unterdessen proben vor dem Hofe Popos der Zeremonienmeister mit dem Bauernvolk den feierlichen Empfang des erwarteten Hochzeitspaares, eine Szene von bissigem und eine schonungslose Darstellung des bäuerlichen Elends.

 

König Peter beschließt, die Hochzeit in effigiezu feiern, mit den Automaten als Braut und Bräutigam. Die Zeremonie findet statt und die beiden nehmen ihre Masken ab. Erst jetzt stellen Leonce und Lena fest, daß sie nicht – wie beabsichtigt – ihren Vätern einen genialen Streich gespielt haben, sondern dem Schicksal ihrer Verbindung nicht aus dem Weg gehen konnten. Leonce ist fasziniert von dieser „Vorsehung“ und akzeptiert mit verzweifelt komischer Ironie sein Los als König über ein Reich stumpfsinnig gehorsamer Untertanen. Und auch Lena akzeptiert ihre neue Rolle. Valerio, wegen seiner Verdienste bei der Inszenierung der Hochzeit von Leonce zum Staatsminister ernannt, parodiert die Situation zusätzlich, indem er befiehlt, die bestehende Ordnung im Chaos versinken und nur noch auf individuellen Genuss ausrichten zu lassen.

 

 

*)Mit dem Begriff: „Effigie“ war Georg Büchner zukunftsweisend – heute würde man

dieses Wort mit: „VIRTUELL“ übersetzen

 

 

 

MANFRED MICHALKE

freischaffender Regisseur

und Gründer des Wiener Vorstadttheater – integratives theater österreichs.

 

Bereits 1994 wurde nach den eindrucksvollen Aufführungen der „Ersten österreichischen Behindertenpassion“ zur Musik v. W. A. Mozart – Requiem in Retz, das Wiener Vorstadttheater gegründet.

 

Darauf folgte die Produktion: Entsolidarisierung mit Erika Pluhar, aufgeführt in der Sargfabrik und ein Theatertrailer mit Musik von Arnold Schoenberg zum Thema Warten auf Godot, ebenfalls dargestellt von mehrfach behinderten Menschen.

 

Das Wiener Vorstadttheater hat sich zum Ziel gesetzt eine Plattform für jene Menschen zu sein, die vom professionellen Kulturbetrieb ausgeschlossen sind.

Die künstlerische Erarbeitung geschieht unter größtem Schutz der Intimsphäre und ohne kalkulierten Mitleidseffekt. Dieser Aufführungsstil wurde bei Publikum und Presse stets positiv aufgenommen und erreichte mit den Aufführungen der Flüchtlingstrilogie:

„Warten auf Godot“ – „Nachtasyl“ – „Endspiel“ im Kabelwerk / Wien bereits internationale Anerkennung.

 

Neben den Arbeiten mit Asylwerbern und Flüchtlingen wurden auch stets „Randgruppenthemen“ aufgegriffen, wie die Produktionen „Die Liebesgeschichte des Jahrhunderts“ von Märta Tikkanen (gespielt von Gabriele Gold, Regie: Margaretha Neufeld) und „Dialoge“ Briefwechsel zwischen Bachmann und Henze (dargestellt von Andrea Eckert und Miguel Herz Kestranek im Jahr 2007 / Sargfabrik).

 

„Don Quijote – ein Vorspiel“ (2008/Dschungel Wien) entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Komponisten Christoph Cech und war dem Thema Gewalt an Kindern gewidmet.

 

„Gerettet“ von Edward Bond (2009 / Justizanstalt Gerasdorf) wurde mit jugendlichen Straftätern erarbeitet.