gegen Gewalt: 

„GERETTET“

 

Ein Theaterstück von Edward Bond

 

ZUR PRODUKTION:

 

„Schließ die Gefang’nen wieder ein, magst nie mehr so verwegen sein…“

Diese Ermahnung Don Pizzaros aus dem Fidelio stammt aus dem 18.Jhdt.

Der Strafvollzug und seine Auswirkungen beschäftigen seit jeher Künstler

und Dichter.

 

Nach der Musiktheaterproduktion: „Don Quijote – ein Vorspiel“( Musik von Christoph Cech, Text von Manfred Michalke) die im Vorjahr Kindern, die

Verbrechensopfer wurden, zu Gute kam, wird nun die Theaterarbeit: „Gerettet“ von Edward Bond mit jugendlichen StraftäterInnen der Öffentlichkeit vorgestellt:

InsassInnen der Vollzugsanstalten Gerasdorf und Schwarzau haben dieses Stück seit September 2008 erarbeitet. Das Wiener Vorstadttheater – integratives theater österreichs setzt damit seine Arbeit zum Thema Gewalt fort, und lässt die andere Seite auch zu Wort kommen.

 

Wie schon in der Flüchtlingstrilogie („Warten auf Godot“ von S. Beckett/ 2002 - 2003,

„Nachtasyl“ von M. Gorki / 2004 und „Endspiel“ von S. Beckett / 2005)

soll nun auch hier durch künstlerische Leistung die Öffentlichkeit sensibilisiert werden.

Prävention durch Reflexion von Gewalt auf der Bühne ist somit eine äußerst

komplexe Aufgabenstellung, die nur durch äußerst intensive Probenarbeit bewältigt

werden kann. Die fast einjährige Vorbereitungszeit des Projekts bestätigt die Aussage von Fjodor Michailowitsch Dostojewsky:„Gefängnisse sind der bessere Nährboden für Kreativität als Paläste“.

 

Diese enormen Aufwendungen haben sich bereits bei allen Produktionen gelohnt.

Nachweisbare Langzeiterfolge sind ebenso eingetreten wie Auszeichnungen

der verschiedensten Organisationen, wie z.B. Arbeiterkammer u. Wirtschaftskammer.

 

Diese besondere Theaterarbeit war nur mit großer Mithilfe der Anstaltsleitungen

und der JustizwachebeamtInnen möglich. Der Teamgeist und die Steigerung des Selbstwertgefühls des Ensembles sind ebenso wichtig wie die Diskussion des Einleitungssatzes.

 

 

DIE PRODUKTION MUSS NUN HINTER GITTERN BLEIBEN:

 

Bis vor kurzem noch waren für diese Produktion auch große Vorstellungen

an den Theatern „Bühne im Hof“ / St. Pölten, „Theater Akzent“ / Wien und „Stadttheater Berndorf“ geplant. Doch nun ist plötzlich alles anders.

 

Regisseur Manfred Michalke zur aktuellen Auftrittsproblematik:

 

„Das Theaterprojekt: "Gerettet" von Edward Bond wurde von mir vor zwei Jahren im Rahmen einer internen Theateraufführung („Medea bloß zum Trotz“ von Tina Leisch) - in der Schwarzau der damaligen Bundesministerin Fr. Dr. Maria Berger persönlich vorgestellt und in der Folge in Kooperation mit der JA Gerasdorf und der JA Schwarzau auch als Projekt für die öffentlichen Vorstellungen in den Theaterhäusern - Bühne im Hof in St.Pölen - Stadttheater Berndorf - Theater Akzent - offiziell gestartet.

Es wurden damals seitens des Justizministeriums keinerlei Einschränkungen betreffend der Ensemblezusammenstellung getroffen.

 

Regie: MANFRED MICHALKE

 

 

Nun - nach achtmonatiger (!) intensiver Probenarbeit aller Beteiligten – wurde der Leiterin der Vollzugsanstalt Gerasdorf per Schreiben von der Vollzugsdirektion des BMJ mitgeteilt, dass vier der Darsteller auf Grund ihrer Verurteilung nicht außerhalb einer JA auftreten dürfen.

 

Diese Bekanntgabe und Einschränkung des bestehenden Ensembles kam zu einem für uns viel zu späten Zeitpunkt, zumal schon alle Vorstellungstermine fixiert waren.

Die Theaterleitung wurde überhaupt erst am 27. Juli 2009 (!) zu einem Gespräch in das BMJ (und auch das nur „ indirekt“ durch die JA-Leitung) eingeladen und haben vor diesem Termin und auch nach dem Gespräch bis jetzt noch kein offizielles Schreiben über die vom Strafvollzug geänderten Bestimmungen, das Ensemble betreffend, erhalten.

 

Und so stehen wir nun vor unvorhergesehenen Problemen:

Eine Verschiebung der Vorstellungen unter nun anderen Voraussetzungen

war aber aufgrund der bereits vorhandenen Spielpläne der Veranstalter nicht mehr möglich.

Andererseits würde eine Herausnahme von gleich vier Darstellern aus dem Ensemble normalerweise das Ende einer künstlerischen Arbeit bedeuten.

Alle Darsteller wurden nun über den Sachverhalt aufgeklärt und haben sich dennoch spontan bereit erklärt, auch unter den neuen Auflagen ihrem Publikum die bestmögliche Premiere anzubieten.“

 

 

 

ZU STÜCK UND AUTOR:

 

Der englische Dramatiker Edward Bond (geboren 1934 in London)

erregte 1965 mit seinem zweiten Theaterstück „Saved“ ("Gerettet") großes Aufsehen. Aufgrund expliziter Gewaltdarstellung wurde das Drama kurz nach seiner Uraufführung am 3. November 1965 im Royal Court Theatre von der Theaterzensur verboten. Den Anstoß der Zensoren hatte eine Szene erregt, in der ein Baby von einer Bande Jugendlicher gesteinigt wird - ein Symbol für die Verrohung der Gesellschaft, wie Bond selbst sagt.

Die Absetzung hatte auf die Rezeption von Bonds Arbeit freilich kaum negativen Einfluss.

 

Das Stück führt uns in eine Welt, aus der jede Hoffnung verbannt scheint.

Len zieht zu seiner Freundin Pam, die noch bei ihren Eltern wohnt.

Harry und Mary, die Eltern, haben schon vor Jahren aufgehört, mit einander zu reden.

Pams anfängliche Zuneigung zu Len schlägt schon bald ins Gegenteil um. Sie ist verrückt nach Fred, dem Anführer einer Gang, und erwartet ein Baby. Fred verlässt Pam.

 

 

Len, der weiter zu Pam hält, kümmert sich später auch um das Baby, das sie als lästige Bürde empfindet. Als Pam den Kinderwagen unbeaufsichtigt im Park stehen lässt, wird das Baby von der Freundesgang von Fred und Len getötet.

 

Edward Bond liefert mit diesem Stück nur Bilder für Zustände, Ergebnisse, Folgen - doch diese Zustände sind in ihrer Brutalität, der Gefühlsleere und der seelischen Verwahrlosung, mit der sich die Menschen begegnen, aktueller denn je.

 

 

MANFRED MICHALKE

freischaffender Regisseur

und Gründer des Wiener Vorstadttheater – integratives theater österreichs.

 

Bereits 1994 wurde nach den eindrucksvollen Aufführungen der „Ersten österreichischen Behindertenpassion“ zur Musik v. W. A. Mozart – Requiem in Retz, das Wiener Vorstadttheater gegründet.

 

Darauf folgte die Produktion: Entsolidarisierung mit Erika Pluhar, aufgeführt in der Sargfabrik und ein Theatertrailer mit Musik von Arnold Schoenberg zum Thema Warten auf Godot, ebenfalls dargestellt von mehrfach behinderten Menschen.

 

Das Wiener Vorstadttheater hat sich zum Ziel gesetzt eine Plattform für jene Menschen zu sein, die vom professionellen Kulturbetrieb ausgeschlossen sind.

Die künstlerische Erarbeitung geschieht unter größtem Schutz der Intimsphäre und ohne kalkuliertem Mitleidseffekt. Dieser Aufführungsstil wurde bei Publikum und Presse stets positiv aufgenommen und erreichte mit den Aufführungen der Flüchtlingstrilogie:

„Warten auf Godot“ – „Nachtasyl“ – „Endspiel“ im Kabelwerk / Wien bereits internationale Anerkennung.

 

Neben den Arbeiten mit Asylwerbern und Flüchtlingen wurden auch stets „Randgruppenthemen“ aufgegriffen, wie die Produktionen „Die Liebesgeschichte des Jahrhunderts“ von Märta Tikkanen (gespielt von Gabriele Gold, Regie: Margaretha Neufeld) und „Dialoge“ Briefwechsel zwischen Bachmann und Henze (dargestellt von Andrea Eckert und Miguel Herz Kestranek im Jahr 2007 / Sargfabrik).

 

Das Musiktheaterstück „Don Quijote – ein Vorspiel“ entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Komponisten Christoph Cech, war dem Thema Gewalt an Kindern gewidmet und kam – gespielt von jugendlichen Migranten - im September 2008 im Dschungel/Wien zur Uraufführung.

 

 

WIR DANKEN:

 

unseren Subventionsgebern:

Amt der NÖ Landesregierung / Abteilung Kultur und Wissenschaft

BMUKK

 

sowie:

Den AnstaltsleiterInnen

Frau Dr. Margitta Essenther

Herrn Brigadier Gottfried Neuberger

sowie allen JustizwachebeamtInnen

 

Der Rechtsanwaltskanzlei Lehner & Lehner

Herrn Prof. Dr. Nikolaus Lehner

unserem Rechtsfreund

 

Art for Art

Herrn Dr. Josef Kirchberger / Geschäftsführer

 

Dem Burgtheater (Probenequipment)

Theater in der Josefstadt (Requisite)

und den Vereinigten Bühnen Wiens

 

 

 

Es spielen InsassInnen der Vollzugsanstalten Gerasdorf und Schwarzau:

 

Romy (Pam), Doris (Mary), Paulina (Liz), Christian (Len), Cemil (Fred), Gerhard (Mike), Abdi (Colin), Antonio (Barry), Denis (Pete), Daniel (Harry)

 

Regie und Produktionsassistentin: Tina Glinz