„NACHTASYL / NA DNJE“
von
MAXIM GORKI
Zweisprachige Aufführung in Deutsch und Russisch
gespielt von Bewohnern des Wiener Integrationshauses und Migranten aus Osteuropa:
Usman CONTEH (Sierra Leon) / Kleschtsch
Anna GISCHJAN (Armenien) / Nastja
Agnes OKULSKA (Polen) / Natascha
Melsik MOWSISJAN (Armenien) / Baron
Ewa CIECIERSKA (Polen) / Anna
Maja SASTRPOSHVILI (Georgien) / Wassilissa
Sergey TSAL-TSALKO (Ukraine) / Kostylew
Perparim IBRAHIMI (Kosovo) / Tatar
Abate Dejene AMBACHEW (Äthiopien)/ Luka
Naim ALLURI (Kosovo)/ Pepel
Farzad MOJGANI (Persien) / Schauspieler
Ali ABDULLA (Sudan) / Medwedew
Piotr KOLODZIEJ (Polen) / Bubnow
Eva LANDKAMMER (Österreich) / Cello
Zaza TARIELACHVILI (Georgien) / Regieassistenz
Regie:
MANFRED MICHALKE
10. (Premiere),
11.,12.,15.,16.,17.u.18. September 04
(Beginn: 20.00 Uhr)
KABELWERK
A-1120 Wien, Oswaldgasse 33 - 35
ZUM STÜCK
Vom „Warten auf Godot“ direkt ins „Nachtasyl“:
nach dem großen Vorjahreserfolg bei Publikum und Presse setzt Regisseur Manfred Michalke vom „Wiener Vorstadttheater – integratives Theater Österreichs“ auch heuer wieder auf die Intensität künstlerischer Aufarbeitung der Flüchtlingsproblematik durch Betroffene und ihre ganz besondere Ausdruckskraft durch Authentizität.
Gespielt wird Maxim Gorki’s „Nachtasyl“: dem Projekt entsprechend ist es Michalke gelungen, das ursprüngliche Ensemble – bestehend aus Asylwerbern aus dem Wiener Integrationshauses – im Sinne der EU-Osterweiterung mit DarstellerInnen aus Osteuropa zu vergrößern und unter den bereits bewährten konzeptionellen Voraussetzungen weiterzuarbeiten.
Manfred Michalke:
„Alle Mitwirkenden sind zugleich auch Betroffene und artikulieren ihre Probleme und Anliegen durch die Gestaltung ihrer Rollen. Wir wollen unsere Arbeit nicht nur als Bereicherung innerhalb der darstellenden Kunst, sondern auch als enorm wichtigen sozialpolitischen Faktor verstanden wissen.
Unsere Unterhaltungsgesellschaft verliert mehr und mehr ihre Wurzeln, der Sozialismus geht verloren. Dies beklagte auch Maxim Gorki, als er dieses Werk schrieb.
Integration braucht kein „Samaritertum“, sie ist nur dann zielführend, wenn die Betroffenen selbst die Initiative ergreifen. „Multikulturell“ ist kein zeitgeistiges Etikett sondern ein echtes Erfordernis im weiten Feld der künstlerischen Arbeit.
Sensibilität und Aufnahmevermögen stehen oftmals im Widerspruch zur so genannten Intellektualität. Doch Gorki selbst lässt ja in diesem Werk seinen Schauspieler sagen:
‚Bildung ist Unsinn, die Hauptsache ist Talent. Ich habe einen Schauspieler gekannt, der hat seine Rollen buchstabiert, aber spielen konnte er seine Helden, dass das Theater in den Fugen krachte, von der Begeisterung des Publikums.“
ZUR ZWEISPRACHIGEN AUFFÜHRUNG (Russisch, Deutsch):
„Es ist nicht wichtig, wie ein Wort gesprochen wird,
sondern warum es gesprochen wird.“
(Maxim Gorki / Zitat des Schauspielers in „Nachtasyl“))
Sprache ist in der zweisprachigen Inszenierung Michalkes weit mehr als nur Kommunikationsmittel: sie wirkt hier auch als künstlerisches Ausdrucksmittel, das gemeinsam mit Lichteffekten, musikalischen Elementen u.v.a. die Verständlichkeit des Bühnengeschehens über alle Sprachbarrieren hinweg möglich macht.
So werden die psychologischen und politischen Hintergründe in der Originalsprache in ihrer jenseitsbezogenen Mystik hervorgehoben, während die musikalischen Verbindungselemente die Erzählung vorantreiben. Und wenn zum Beispiel „Realismus“ bei Petroleumlicht und „Betrachtungen“ im grellen Scheinwerferlicht dargestellt werden, so wird dieser Gegensatz als Ergänzung des Geschehens im wahrsten Sinne des Wortes einleuchtend.
INHALT
Nachtasyl – na dnje – bedeutet soviel wie „Unten in der Tiefe“, am Boden.
Ein Begriff, der auch mit „Kellerquartier“ gleichzusetzen ist.
Der Schauplatz ist durchaus auch sehr heutig: man denke nur an den Skandal im Vorjahr um die unmenschliche Unterbringung von Flüchtlingen in den illegalen Kellerquartieren in der Wiener Oesterleingasse. Doch nicht nur die Örtlichkeit ist aktuell, auch die sozialpolitischen Begleitumstände, die plötzlich das Zentrum des Geschehens bilden, sind in ihrer Auswirkung unverändert.
Gorki schildert in seinem Stück archetypische Auswirkungen im Zusammenleben auf engstem Raum. Hier erleben seine Bewohner des Nachtasyls alle großen Themen menschlichen Seins: von Liebe und Haß, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit bis hin zum Suizid. Die mosaikartige Verwobenheit von Einzelschicksalen wird auch durch die berufliche Herkunft der Menschen verdeutlicht. Polizist, Handwerker, Aristokrat, Pilger, Schauspieler, Tagträumer, Wirt und vor allem Revolutionäre beklagen in den Auseinandersetzungen über den Sinn des Lebens und ihre Situation den Verlust des Sozialismus.
DER AUTOR
Maxim Gorki
geboren am 14.März 1868 in Nischnij Nowgorod
gestorben am 18.Juni 1936 in Moskau)
Name: Alexei Maximowitsch Peschkow
Maxim Gorki war seit seinem 9. Lebensjahr Vollwaise und wuchs bei seinem Großvater
auf. Als Lehrling durchwanderte er viele Gewerbe, war Schusterlehrling und Heiligenbildmaler, Lastenträger, Schreiber, Bäckergeselle, Hafenarbeiter…..
So lernte er auch sein Land und die Menschen intensiv kennen. Als ihm ein Student zur Niederschrift dieser persönlichen Erlebnisse riet, entstanden 1902 die ersten literarischen Skizzen. Gorki war zu diesem Zeitpunkt als Eisenbahnarbeiter in Tiflis tätig.
Der Zusammenbruch der revolutionären Bewegung 1904/06 zwang ihn zur Flucht nach Paris.
In den USA ließ er sich auf der Insel Capri nieder und kehrte während des ersten Weltkrieges nach Russland zurück. Er beteiligte sich 1917 am Umsturz und verließ abermals sein Land. 1936 kehrte Gorki als hochgefeierter Schriftsteller wieder.
Nach dem Werk „Die Kleinbürger“ verhalf Max Reinhardt mit seiner Inszenierung dem Barfüßerstück “Nachtasyl“ zum Welterfolg
KURZBIOGRAFIEN DER MITWIRKENDEN
geb. in Suya / Sierra Leone. Ist seit 4 Jahren in Österreich. Er hat schon
Theatererfahrung durch seine Mitwirkung an der Produktion „Sindbad“ (Nov.2002):
ein Projekt für junge Asylwerber und durch seine Mitwirkung bei der Produktion der Wiener Festwochen:“The children of Heracles“.
Er schrieb auch schon ein Theaterstück und spielt in seiner Freizeit Fußball bei FC Sans Papier.
geb. 23.7.1974 in Äthiopien
Marathonläufer, politische Verfolgung, Friedenskämpfer,
UNHCR- Flüchtling etc.; Aufenthalt: Asylwerber §19 BAA.
hat vor 10 Jahren Äthiopien aus politischen Gründen verlassen und
8 Jahre als Flüchtling in Kenia gelebt. 2001 kam er als Teilnehmer beim Vienna City Marathon nach Österreich und hat hier um Asyl angesucht.
geb. 7.4.1978, Kosovo
Schüler im Kosovo mit Matura, allein im Krieg geflüchtet, Macht
zur Zeit ein Kolleg für Informatik. Aufenthalt: Asylwerber § 8, UBAS
ist vor über vier Jahren vor dem Krieg nach Österreich geflohen.
geb. 30.3.1982, Iran
Schüler, Matura abgeschlossen im Iran, Familie verfolgt aus religiösen Gründen (sind Christen), Vater im Gefängnis im Iran- kein Kontakt. Spielt gerne Fußball und möchte in Österreich studieren. Aufenthalt:Asylwerber § 19 UBAS
Hat vor 3 Jahren Teheran wegen der Situaton seines Vaters (Politiker, seit 10 Jahren in Haft) verlassen und lebt seither in Österreich.
geb. in Singa, / Sudan. Seine Familie kommt aus dem Sudan und er
spielt gerne Faustball und interessiert sich für Theater. Kochen gehört ebenfalls zu
seinen Fähigkeiten. Er arbeitete bereits als gelernter Elektromechaniker in seiner Heimat, bevor er nach Österreich kam. Als passives Vergnügen sieht er gerne Fußball und liest viel.
geb. in Imielin in Polen.
„Bisher habe ich die Theaterbühne nur vom Zuschauerraum aus gesehen, diesmal mach’ ich es umgekehrt“, schreibt er in seiner Kurzbeschreibung.
Eva Landkammer wurde in Wien geboren und studierte an der Universität für Musik in Wien und am Robert Schuhmann-Institut in Düsseldorf. Ihr musikalischer Schwerpunkt liegt in der Kammermusik, sie ist Mitglied des Jubal-Trio-Wien und seit vielen Jahren auch als Pädagogin tätig.
geb.1954 in Wien. Opernregiestudium an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst
in Wien. Arbeitet als Schauspieler und Regisseur. Zahlreiche Inszenierungen in Wien und Graz.
Letzte Inszenierung: „Warten auf Godot“ ( 2003 / Kabelwerk-Asylwerberprojekt).
1994 Gründung und Leitung des WIENER VORSTADTTHEATER – integratives theater österreichs.
Dieses Theater ist ein Randgruppentheater, wo Menschen die von der Konsumgesellschaft und vom Kulturbetrieb ausgeschlossen sind, ihre Probleme künstlerisch artikulieren können und somit von sich aus Integrationsarbeit leisten.
Bisherige Arbeiten:
1988 Und sie legen den Blumen Handschellen an (FernandoArrabal)
1989 Der Spiegelmensch (Franz Werfel)
1991 Uraufführung: Genosse Brüggemann v. Gerald Szyszkowitz
1994: 1.Österreichische Behindertenpassion
1998 Kurzfilm: Warten auf Godot (Musik: Arnold Schoenberg). „Ausgrenzung“ mit Erika Pluhar.
2001 „Entsolidarisierung“ (Tennessee Williams, Einakter)
2003 „Warten auf Godot“ mit Darstellern aus dem Integrationshaus Wien/Kabelwerk