GUTE Kulturpolitik = gute SOZIALpolitik
Das WIENER VORSTADTTHEATER – integratives theater österreichs ist eine Plattform, auf der Menschen, die üblicherweise vom professionellen
Kulturbetrieb ausgeschlossen sind, die Möglichkeit haben, ihre Probleme durch künstlerische Leistung zu artikulieren und der Öffentlichkeit nahe zu bringen. Alle Projekte werden mit und für
sogenannte Randgruppen erarbeitet: Behinderte, Flüchtlinge, Gewaltopfer.
Theatergeschichtlich steht das WIENER VORSTADTTHEATER in der Tradition der Wiener Hinterhofbühnen, die immer schon ein multikulturelles
Kulturangebot für die sozial schwachen Bevölkerungsschichten anboten. Aus diesem Gründungsgedanken entwickelte sich das „Freie Ensemble“, welches im Jahr 1980 mit einer Tennessee Williams
Bearbeitung erstmals öffentlich in auftrat.
Die Idee, eine gesellschaftliche Randgruppe in eine Theaterproduktion einzubeziehen, entstand, als 1993 im niederösterreichischen Lanzendorf ein
Pavillon für mehrfachbehinderte Menschen, unter der damaligen Leitung von Frau Dr. Margaretha Michalke, eröffnet wurde. Aufgrund ihres Vorschlags, betreffend der künstlerischen Gestaltung einer
würdigen Feier, entstand ein Schattenspiel nach Paul Hindemiths: „Wir bauen eine Stadt“. Seitdem existiert der entscheidende Zusatz: „integratives theater österreichs“
KUNST VON BETROFFENEN FÜR BETROFFENE
Diesem erfolgreichen Pilotprojekt folgten weiter Aufführungen und Projekte. Beispielsweise 1994 „Die erste österreichische Behindertenpassion“ mit
der Musik von W.A.Mozart – Requiem, sowie ein Filmtrailer, der im Programm: „Entsolidarisierung“ mit Erika Pluhar und der Musik von Arnold Schoenberg in der Sargfabrik, in Wien Penzing, gezeigt
wurde. Als Randgruppentheater lässt das WIENER VORSTADTTHEATER integratives theater österreichs auch „versteckte“ Randgruppen, wie z.B. alleinerziehende Mütter, Homosexuelle, von Armut Betroffene
u.s.w. zu Wort kommen. Dies dokumentieren Aufführungen wie „Die Liebesgeschichte des Jahrhunderts“ von Märta Tikkanen im Jahr 2004 mit Gabriele Gold, deren Thema das Zusammenleben mit einem
Alkoholiker ist, sowie das Programm „Dialoge“, ein Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Hans Werner Henze mit Andrea Eckert und Miguel Herz Kestranek im Jahr 2007.
DER ERSTE DURCHSCHLAGENDE ERFOLG
Immer wieder geschieht es, dass gegen Randgruppen Phobien entwickelt werden. Und es ist nicht selten, dass diese Phobien medial geschürt und in
politische Programme umgewandelt werden. Dieser Mechanismus betrifft insbesondere Menschen, die auf die Erledigung ihrer Asylanträge warten, und ihre Situation wird durch die subtile Folter des
Wartens verschlimmert. Es war eine große Herausforderung, diesen äußerst sensiblen Bereich öffentlichwirksam aufzuarbeiten, dieses Vorhaben gelang mit der Inszenierung von: „Warten auf Godot“ von
Samuel Beckett mit AsylwererInnen aus dem
Integrationshaus in Wien. Von Anfang an war klar, dass diese Arbeit mehrsprachig sein musste, im konkreten Fall Englisch, Deutsch und
Arabisch.
Unter Bedachtnahme auf die Verständlichkeit und die inhaltliche Aussagekraft wurden die verschiedenen Sprachen behutsam in ein Gesamtkonzept
eingebunden. Die Produktion wurde 2002 in der Sargfabrik und danach an verschiedenen Wiener Spielorten aufgeführt. Im Sommer 2003 wurde diese Theaterproduktion von Hubsi Kramer in das Stadtlabor
Kabelwerk nach Meidling eingeladen und entwickelte sich zu Höhepunkt der Off-Szene, der international in den Printmedien rezensiert wurde.
Aufgrund des Interesses bei Publikum und Medien wurde bereits 2004 zum internationalen Tag der Menschenrechte diese Arbeit in die Wiener Hofburg –
Gipsmuseum zur weiteren Aufführung eingeladen.
Mit diesem Erfolg begann eine intensive Zusammenarbeit mit dem Integrationshaus, denn aus der Möglichkeit, das Spektrum der schlimmen psychischen
Belastung der betroffenen Menschen aufzuzeigen, entstand die Notwendigkeit, diese Arbeit fortzusetzen. Die aktuelle Tagespolitik lieferte dann 2003 den Stoff zur Erarbeitung von Gorkis:
„Nachtasyl“. Auch diese Arbeit wurde mehrsprachig, natürlich in diesem Fall auch in der Originalsprache, aufgeführt, ohne Beeinträchtigung der Verständlichkeit. Für die Mitwirkenden bedeutet
diese Mehrsprachigkeit ein hohes Maß an Konzentration und Präzision bei der
Einstudierung, dies wiederum hat wesentlich längere Probenzeiten und dadurch auch entsprechende Mehrkosten zur Folge. Diese zweite Aufführungsserie
startete 2004 im Stadtlabor Kabelwerk in Meidling und wurde von einer Theaterjury zur besten multikulturellen Vorstellung gewählt und in das Theater Akzent eingeladen.
LANGZEITERFOLGE
Die Erfolge dieser Aufführungen gingen jedoch über die eigentliche Produktion hinaus. Einerseits wurden viele DarstellerInnen aus „Nachtasyl“ von
Nicolas Stemann, dem Regisseur der Produktion: „Vor Sonnenaufgang“ an das Wiener Burgtheater engagiert. Viele von ihnen werden noch bis zum heutigen Tag als Edelkomparsen weiterbeschäftigt. Die
Darstellerin der „Wirtin“ im „Nachtasyl“ wurde von Andrea Breth sogar im „Kirschgarten“ mit einem Solo betraut und erhielt einen entsprechenden Vertrag. Andererseits ist der größte Erfolg unserer
Theaterarbeit die Rückgewinnung des Selbstwertgefühls und die damit verbundene Verbesserung der Lebensqualität jedes einzelnen Mitwirkenden. Der enorme Arbeitseinsatz und der konzentrierte Wille
aller Beteiligten führten daher zwangsläufig zur Fortsetzung dieser Arbeiten.
FLÜCHTLINGSTRILOGIE
Samuel Becketts“Endspiel“ schloss im Jahr 2005 den Kreis –Warten-Unter-bringung-Hoffnung- einer aus der Praxis entstandenen Flüchtlingstrilogie.
Dies war auch die letzte Produktion, die im Gebäude des Kabelwerkes gezeigt werden konnte, da der Aufführungsort in seiner ursprünglichen Form nicht mehr besteht.
DIE NÄCHSTE GENERATION -
KINDER GEGEN GEWALT AN KINDERN
Im Projekt „Nachtasyl“ waren viele Elternpaare von Kleinkindern engebunden gewesen. Aus diesen Kindern rekrutierte sich später ein tolles Ensemble,
mit dem das WIENER VORSTADTTHEATER – integratives theater österreichs die Produktion: „Don Quijote – ein Vorspiel“ erarbeitete und 2008 im Dschungelwien uraufführte. Das Thema dieses
Musiktheaters – Musik: Christoph Cech, Text: Manfred Michalke – ist die zunehmende Gewaltbereitschaft in allen Lebensbereichen und daraus resultierend ein Plädoyer für einen Verzicht auf
Aggression gegen die Schwächsten der Gesellschaft. Die Einspielergebnisse dieser Aufführungen kamen Soforthilfemaßnahmen der Kinder und Jugendanwaltschaft Wien zugute. Auch diese Produktion wurde
aus 120 Projekteinreichungen von der Wirtschaftskammer Österreich mit dem Anerkennungspreis auf Landes (NÖ) und Bundesebene bewertet. Im Detail geht es in diesem Vorspiel um den Verlust von
Lesekultur, Fantasie sowie Engagement und die gesellschaftlichen Folgen daraus. Dramaturgisch begründet blieb daher die Beschreibung des eingekerkerten Cervantes durch die Interpretation einer
Äthioperin in amharischer Sprache unverständlich. Am Ende wird jedoch durch gemeinsames Bauen am Bühnenbild mit überdimensionalen Matadorbausteinen ein positiver Fortgang der Bestrebungen der
nächsten Generation signalisiert.
Die weiteren Produktionen beinhalten das Thema " gegen GEWALT " und lassen Opfer und Täter
zu Wort kommen. Aus diesem Grund arbeiten wir auch in Gefängnissen und erreichen so durch die Stückwahl eine breite öffentliche Resonanz. Publikum und Medien begleiten uns mit großem Interesse.
Die Jura Soyfer Gesellschaft
erhält seit dem Jahre 1988 Förderungen von der Republik Österreich sowie dem Magistrat der Stadt Wien, wobei die Bezeichnungen der einzelnen Förderstellen in diesen Jahren vielfach geändert
wurden. Weiters wurden die Aktivitäten der gemeinnützigen Gesellschaft auch durch deutsche Bundesländer (Saarland, Thüringen, Berlin), Frankreich, Norwegen sowie Universitäten, Theater, Fonds und
die Mitglieder (Mitgliedsbeiträge, vor allem aber umfangreiche Eigenleistungen) weltweit unterstützt. Die Auflistung der Förderer beginnt mit der neuen Homepage, die 2007 ins Netz gestellt wurde
(eigene Homepage der Jura Soyfer Gesellschaft seit 1998).
Die aktuellen Förderer bzw. Kooperationspartner für das Jahr 2015 sind:
(Stand vom 17.2.2015)
BIOGRAFIE